Als Heinrich Basch am 13. März 1941 das offizielle Ende der Elmshorner Jüdischen Gemeinde beantragte, wozu er am 3. April 1941 auch die Genehmigung erhielt, ging eine fast 260jährige Geschichte der Elmshorner Juden zu Ende. 

Begonnen hatte sie Ende des 17. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt war es den Juden in Schleswig und Holstein nur erlaubt, sich in wenigen Ortschaften niederzulassen. Hierzu gehörte neben Altona, Friedrichstadt, Glückstadt, Kiel, Lübeck-Moisling und Wandsbek auch Elmshorn, das damals zur Reichsgrafschaft Rantzau gehörte. Reichsgraf Detlev erteilte am 14.Januar 1685 dem Berend Levi gegen jährliche Zahlung eines hohen Schutzgeldes die Erlaubnis, sich in dem Flecken Elmshorn niederzulassen, hier seinem Handel nachzugehen, eine eigene Gemeinde zu gründen und einen Friedhof anzulegen.

Die Beweggründe lagen bei Reichsgraf Detlev vor allem in der Hoffnung, es würden sich hier vor allem reiche Juden niederlassen, die durch weitverzweigten internationalen Handel Elmshorn einen gewissen Aufschwung verleihen und ihm eine hohe Abgabe für seine Kasse bescheren würde. Hierin hatte sich aber Graf Detlev verrechnet. Es ließen sich, anders als in Glückstadt, wo es eine reichere sephardische Gemeinde gab, in Elmshorn nur arme ashkenasische Juden nieder, von denen er keine großen Einnahmen erwarten konnte.  Daher begann sich das zunächst wohlwollende Verhalten der Obrigkeit schnell zu wandeln. Als Elmshorn 1727 unter dänische Herrschaft fiel, erließ der König Friedrich IV schon im Sept. 1727 eine Verordnung, die die Zuwanderung von Juden nach Elmshorn begrenzen sollte. Da er Glückstadt als Konkurrenzhafen zu Hamburg aufbauen wollte,  hatten die jüdischen Mitbürger sich zu verpflichten, keinen Handel mit Hamburg oder Lübeck zu treiben, sondern ihre Waren nur noch über Altona oder Glückstadt direkt aus England zu beziehen. Weiterhin sollten nur noch vermögende Juden aufgenommen werden, die sich ein eigenes Haus kaufen bzw. bauen konnten.

Schon acht Jahre später verschärfte der dänische König Christian VI diese Verordnung. Er sagte, die „Juden sollen aussterben“ in Elmshorn. Jetzt hatten sich auch die Kinder hier schon ansässiger Juden, ein Haus zu kaufen oder innerhalb von drei Monaten Elmshorn zu verlassen. Dieses führte zu sehr großen Härten, was durch viele Briefe und Eingaben einheimischer Juden belegt wird. Schon ein Jahr später, nämlich im Juli 1737 wurde die Lage noch bedrohlicher. Um den Druck zu erhöhen, wurde jetzt, auch auf Forderungen von Elmshorner Kaufleuten, das Hausierverbot erlassen, was 1744 sogar noch einmal verschärft wurde. Da es den Juden untersagt war, ein Handwerk auszuüben und offene Geschäfte zu halten, waren sie vor allem Hausierer und Händler. So trieb sie dieses Hausiergesetz in den finanziellen Ruin. 

Die jüdische Gemeinde verarmte sehr stark und man konnte schon bald nicht einmal mehr die Abgaben an die Obrigkeit in Form der Schutzgelder bezahlen. Da es jetzt an die eigene Kasse ging, begann der dänische König umzudenken, und er machte eine 180 Grad-Wendung. Er erließ am 27.1.1744 das Hausierprivileg für die Elmshorner Juden für die Gebiete Elmshorn, die Grafschaft Rantzau und die Herrschaft Pinneberg. Die jüdische Gemeinde wuchs in der Folgezeit stark an und erreichte im Jahre 1838 ihren zahlenmäßigen Höhepunkt. In diesem Jahr lebten in Elmshorn 204 Juden, was bei einer damaligen Einwohnerzahl von 2400 ungefähr 8 Prozent betrug. 

Im 19. Jahrhundert errangen die Juden endlich ihre Emanzipation. Nachdem sie sich 1824 in die Zünfte einschreiben konnten und 1842 das Schutzgeld abgeschafft wurde, kam es 1863 zur Emanzipation, also zur rechtlichen Gleichstellung der Juden in Schleswig-Holstein. Bis auf das passive Wahlrecht waren sie jetzt den christlichen Bürgern gleichgestellt. Aber erst am 3.7.1869 erhielten sie die völlige Gleichstellung. Jetzt hatten sie neben dem aktiven auch das passive Wahlrecht. 

Neben den ganzen Vorteilen der Befreiung gab es durch die Emanzipation auch Nachteile für die jüdischen Gemeinden. Da jetzt die völlige Niederlassungsfreiheit bestand, zogen viele gerade junge Gemeindemitglieder wegen der besseren Ausbildungs- und Berufsbedingungen aus Elmshorn und den anderen kleinen Gemeinden fort, um sich in den Großstädten, vor allem auch Hamburg und Berlin, niederzulassen oder sogar auszuwandern. Weiterhin traten einige Mitglieder aus der Gemeinde aus, so dass die Anzahl der Gemeindemitglieder immer mehr zurückging und auch das Durchschnittsalter in der Gemeinde anstieg.  

Anfang Januar 1933 lebten in Elmshorn noch 86 Personen jüdischer Abstammung, darunter 56 Gemeindemitglieder.  Nach der Machtergreifung Hitlers begannen die Demütigungen und Verfolgungen der jüdischen Mitbürger. So wurde am 1.4.1933 im ganzen deutschen Reich der Boykott jüdischer Geschäfte und Anwaltskanzleien und Arztpraxen ausgerufen. Auch in Elmshorn kam es an diesem Tag zur Absperrung jüdischer Geschäfte durch SA-Trupps.  In Elmshorn wurde für den 1. April die Polizei durch 20 "Hilfspolizisten" verstärkt, die in der Fabrik von H. Schwarz in der Catharinenstraße kaserniert wurden. Die neuen Kräfte wurden ausschließlich aus der SS und SA rekrutiert. Jeder Widerstand gegen diese SA- und SS-Angehörigen konnte fortan als Widerstand gegen die Staatsgewalt ausgelegt werden.  Die jüdischen Geschäftsinhaber haben reagiert und ihre Geschäfte geschlossen. Diesem Umstand war es vermutlich zu verdanken, daß es zu keinen größeren Ausschreitungen kam. Misshandlungen oder Hausdurchsuchungen wie in anderen Städten sind in Elmshorn nicht bekannt gewor­den.  Die Bevölkerung verhielt sich zum größten Teil passiv.  Der Boykott war die erste große, von der nationalsozialistischen Regierung geplante und gelenkte Maßnahme gegenüber Juden. Es folgte jetzt eine Zeit der "gesetzlichen Ausschaltung".

Stolz konnte der Elmshorner Männerturnverein (EMTV) von 1860 am 13.10. 1933 die Einführung des Arierparagraphen verkünden. Die jüdischen Vereinsmitglieder hatten den Verein zu verlassen. Hiervon wurden mindestens sieben Elmshorner Juden be­troffen, die dem EMTV angehörten. Damit setzte der EMTV einen Teil seiner Mitglieder vor die Tür, die in der Geschichte des Vereins oftmals eine große Rolle spielten.  Das Vorgehen des EMTV war der Auftakt zur Vertreibung der jüdischen Mitbürger aus den Vereinen und Klubs in Elmshorn. Es folgte bald auch der Gesangsverein "Concordia".  Bei der Feuerwehr und der Sanitätskolonne vom Roten Kreuz kam es zunächst noch nicht zur Vertreibung der jüdischen Kameraden. Auch in diesen Vereinigungen haben die Juden eine große Rolle gespielt. 

Obgleich alles auf eine Diskriminierung der Juden ange­legt war, wurden am 10. Mai 1935 vielen Juden, darunter u.a. auch dem Viehhändler William Oppenheim, das "Ehrenkreuz für Frontkämpfer" verliehen.  Schon früh begannen die Nationalsozialisten die Konzentrationslager bei der Bevölkerung ins Bewußtsein zu bringen. Zunächst geschah dieses, um "Gerüchten" vorzu­beugen. Nach und nach allerdings wurden die Lager un­verhohlen als Drohung hingestellt, ohne daß damit jedoch die Lage in den KZs der Realität entsprechend geschildert wurde.  Nachdem am 21. März 1933 die Nachricht von der Errichtung des ersten Konzentrationslagers in Dachau in der Presse veröffentlicht worden war, erlaubte sich die Redaktion der "Elmshorner Nachrichten" folgenden maka­bren "Aprilscherz": 

" Ein Konzentrationslager in Elmshorn. Wie wir hören, soll die frühere Strecker'sche Fabrik, jetzt Burg "Schreckenstein" genannt, als KZ für politi­sche Gefangene eingerichtet werden. Die Lagerin­sassen sollen damit beschäftigt werden, den Rost von der Eisernen Front abzukratzen." Die Auflösung als "Aprilscherz" folgte einen Tag später.

Wie es aber oft bei Scherzen der Fall ist, steckte auch in diesem ein Körnchen Wahrheit. Drei Tage vorher schrieb der Elmshorner Bürgermeister Spieler an den Oberpräsi­denten von Schleswig-Holstein, Hinrich Lohse:

" Auf meine Veranlassung sind in Elmshorn in den letzten Tagen rund 32 Angehörige der KPD in ihrer  Eigenschaft als Funktionäre in Haft genommen worden. Die zur Haftaufnahme geeigneten Räume sind restlos belegt und ferner fehlen der Stadt auch die Mittel für die Verpflegung der Verhafte­ten. Es wird deshalb angeregt, ob nicht für Schleswig-Hol­stein die Schaffung eines Konzentrationslagers möglich ist, in welchem die in Schleswig-Holstein insgesamt Verhafteten untergebracht werden können. Außerdem könnten die betreffenden Personen dort gleich zur regelmäßigen Arbeit erzogen werden ..."  Hiermit trug Spieler auch zur Schaffung des KZ in Glückstadt bei.

Die ersten Opfer der Nationalsozialisten in Elmshorn waren die Sozialdemokraten und Kommunisten. Von den Elmshorner Juden war vor 1938 keiner im Konzentrationslager.  Die bürgerlichen Oppositionellen in Elmshorn hatten noch eine gewisse Schonzeit. Aber schon am 16. Dezember 1933 drohte der neue Bürgermeister Krumbeck:

" ...Die bis jetzt im Konzentrationslager Untergebrach­ten gehörten der Arbeiterklasse an. Die jetzt zur Entlas­sung kommenden seien die letzten Häftlinge, die Elmshorn habe. Er wolle hoffen, dass man bei Volksgenos­sen aus dem bürgerlichen Lager nicht das probate Mittel des Konzentrations-lagers anwenden müsse. Bisher habe man davon Abstand genommen, nicht weil es Bürger seien, sondern weil man geglaubt habe, dass Verwarnungen genügen wer­den ..."

Es begann eine Propaganda-Offensive gegen "Meckerer und Kritikaster".

" Es gibt auch bei uns Leute, die niemals zufrieden zu stellen sind, weil sie nicht bereit sind, positiv mit­zuarbeiten. Aber diese Schädlinge werden wir ausmer­zen."

Am 15. September 1935 wurden die Nürnberger Gesetze, das "Reichsbürgerge­setz" und das "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" auf dem Nürnberger Reichsparteitag vom Reichstag angenommen. Das "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" verbot die Eheschließung zwischen Juden und Nichtjuden und stellte sie unter schwere Bestrafung. Ebenso war der außereheliche Geschlechts­verkehr zwischen Angehörigen beider Gruppen verboten. Dieses Gesetz "legalisierte" nur die schon lange vorher geübte Praxis. Weiterhin bestimmte es, dass Juden weib­liche Staatsangehörige "deutschen oder artverwandten Blutes" unter 45 Jahren nicht in ihrem Haushalt be­schäftigen durften.  Die "Nürnberger Gesetze" vollzogen die Trennung von Juden und Nichtjuden im privaten Bereich. Sie stempel­ten die jüdischen Mitbürger zu Personen minderen Rechts ab.

Es gab in Elmshorn nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen vier sogenannte "Mischehen" im Dritten Reich. Eine von diesen wurde geschieden, der nun schutz­lose Ehemann am 12. Februar 1943 von Hamburg aus nach Auschwitz deportiert. Die zweite war den Behörden vermutlich nicht bekannt und konnte daher den Krieg unbeschadet überstehen. Auch die beiden letzten überstanden die NS-Zeit unbeschadet, wenn auch nicht unbehelligt. 

Der Boykott vom 1. April 1933 bildete den Auftakt für den "Kampf" der Nationalsozialisten gegen die jüdischen Geschäftsleute. Der Magistrat der Stadt Elmshorn be­schloß drei Wochen später, am 19. April 1933, Aufträge der Stadt in Zukunft nur noch an solche Firmen zu vergeben, die ihren Bedarf nicht durch jüdische oder marxistische Firmen deckten. Die Geschäftsleute hatten sich hierzu schriftlich zu verpflichten.  Am 25. September 1933 wurde in den "Elmshorner Nachrichten" das neue "Kennzeichen für ein deutsches (arisches) Geschäft" vorgestellt.  In der Folgezeit erschienen in der Innenstadt überall diese Schilder, aber auch welche mit den Aufschriften "Kauft nicht bei Juden!". Dennoch wurden diese Schilder nicht in dem Maße beachtet, wie es sich die Nationalso­zialisten wünschten. In den "Politischen Lageberichten" der Kieler Staatspolizeistelle für den Regierungsbezirk Schleswig, die für ganz Schleswig-Hol­stein galten, klagte diese über die "Unbelehrbarkeit der christlichen Bevölkerung, nicht beim Juden zu kaufen".  Die Warnungen der Nationalsozialisten an die Kunden "nichtarischer" Kaufleute nahm an Bedrohlichkeit immer mehr zu. Am 24.April 1935 war in der Tageszeitung zu lesen:

"Kindermund tut Wahrheit kund“. Ist da in Elmshorn ein kleiner Hitlerjunge, der sich einen Drachen bauen will. Er geht zur Mutter und bittet sie um Geld für Zutaten. Die Mutter gibt ihm das Geld und gleichzeitig einen guten Ratschlag. Sie sagte ihm, daß er wegen der Zutaten ja nicht ganz zur Stadt brau­che, sondern sie beim Nachbarn kaufen könne. Der Nach­bar, ein Großhänd­ler, ist aber Jude. Da sagt der Hitler­junge zu seiner Mutter: " Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter!" Darauf "langt" die Mutter ihm eine. Der Junge kommt draußen bei seinen Geschwi­stern und Spielkameraden an und ist noch ziemlich gekränkt. Auf Nachfrage erhalten sie zur Antwort: " Mutter wird nie eine Volksgenossin, die muß einmal ins KZ." Dieser Junge hatte sich die Lehren seines Gefolgschaftsführers gut gemerkt und handelte auch danach."

Hiermit sollte bewußt eine Verunsicherung in die Fami­lien getragen werden. Die Eltern hatten gegenüber den eigenen Kindern, Mißtrauen an den Tag zu legen. Die Drohung mit dem "KZ", auch wenn sie als Ausspruch des Kindes dargestellt wurde, schürte die Angst vor einer Bestrafung im Falle des Einkaufs bei Juden.  Diesem Druck hielten einige jüdische Mitbürger nicht mehr stand. Zu den Verzogenen bzw. Ausgewanderten gehör­te auch die Familie Heymann, die nach Hamburg ver­zog. Die "Arisierung" der Fabrik wurde aber erst im November 1938 bekanntgegeben. 

Vollends aus dem Elmshorner Geschäftsleben ausgeschal­tet, wurden die Juden erst im Jahre 1938.  Im Laufe des Jahres wurden das Grundstück von William Oppenheim (Parallelstr.), die Firma Max Meyer (Schulstr.), die Lederfabrik Otto Oppenheim und die Konservenfabrik Albert Hirsch (Gerlingsweg) "arisiert".

Da ein Jude als solcher trotz aller Bemühungen nicht zu erkennen war, mußten Hilfsmittel zur Identifizierung herangezogen werden. Dieses "Hilfsmittel" stellte die sogenannte Kennkarte dar, die am 1. Oktober 1938 als neuer Inlandsausweis eingeführt wurde. Die Karten der jüdischen Bürger waren mit einem großen "J" gekenn­zeichnet. Zu diesen Maßnahmen gehörte ferner die Verordnung, die bestimmte, daß Juden nur bestimmte, in einer besonderen Liste veröffentlichte Vornamen führen durften. Erwachsene mit einem "deutschen" Vornamen mußten diesem als Zusatz den Namen "Sara" bzw. "Israel" anhängen. Diese Zusatznamen mußten unaufgefordert genannt werden. 

Am Abend des 9. November 1938 hatte sich die NS-Führung in München versammelt, um der "alten Kämpfer" des "Marsches auf die Feldherrnhalle" zu gedenken. Nachdem die Nachricht vom Tode v. Raths eingegangen war, hielt Goebbels vor der Versammlung eine Rede, in deren Ver­lauf er das Startzeichen für den Pogrom gab.  Über den Kieler Polizeipräsidenten und SA-Führer Meyer-Quade, der sich zu dieser Zeit in München aufhielt, gelang der Befehl an den Stabsführer der SA-Gruppe Nord­mark, Oberführer Volquardsen, in Kiel. Volquardsen leitete diesen Befehl an die Führer der SA-Brigade in Schleswig und der SA-Standarten in Lübeck, Heide und Pinneberg weiter.  SA-Obersturmführer Meyer aus Pinneberg überbrachte den Befehl nach Elmshorn. In dieser Nacht wurde die Synagoge von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt. Die Polizei und die Feuerwehr griff zunächst nicht ein und beliess es bei Absperrungsmaßnahmen. Nach dem Krieg wurden alle fünf Angeklagten des Synagogenbrandprozesses vom 6. Juli 1948  freigesprochen.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November, der "Reichskristallnacht", wie sie später von den Nationalsoziali­sten wegen der überall zu hörenden Geräusche von split­ternden Glas genannt wurde, verhafteten die Nationalso­zialisten alle jüdischen Männer Elmshorns über 18 Jahre. Lediglich zwei kranke Juden, Karl Löwenstein und Julius Lippstadt, verschonte man. Die Verhafteten wurden in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin gebracht Berlin gebracht.  Fast alle Männer, die im KZ waren, haben nie viel über ihren Aufenthalt im Konzentrationslager erzählt. Sie wollten nicht darüber reden. Einer der beiden Kranken, die man nicht nach Sachsenhausen verschleppte, war Julius Lippstadt. Nach Aussagen seiner Tochter verlangten einige Männer in der Nacht zum 10. November Einlaß in seine Wohnung. Sie befahlen Herrn Lippstadt, sich anzuziehen. Da brach dieser zusammen, und weil er nicht transportfähig war, ließen sie ihn zurück. Plünderungen und Mißhandlungen scheinen in Elmshorn nicht vorgekommen zu sein, wohl aber Hausdurchsuchungen. Am darauffolgenden Tag stand in der Zeitung zu lesen:

" Das Volk übt Vergeltung. Als gestern abend das Ableben des von jüdischer Mörderhand getroffenen Gesandtschaftsrats vom Rath bekannt wurde, machte sich tiefe Empörung über diesen Schurkenstreich auch in verschiede­nen Orten unserer Heimatprovinz, so u.a. in Kiel, Lübeck, Elmshorn, Flensburg und Friedrichstadt durch antijüdische Aktionen Luft. Die Synagoge auf dem Flamweg in Elmshorn ist während der Nacht ausgebrannt; das alte Kampflied der SA "Hal­loh, die Synagoge brannt" wurde Wirk­lichkeit. Eine Reihe von Juden wurden von der Polizei in Schutzhaft genommen." 

In der Nacht des Pogroms wurde die jüdische Gemeinde Elmshorn praktisch aufgelöst. Sie bestand zwar noch offiziell bis zum April 1941, aber der gemeinsame Versammlungsort, die Synagoge auf dem Flamweg, war zerstört und die jüdischen Männer im Konzentrationsla­ger. Die inhaftierten Männer kamen allmählich alle wieder frei. Voraussetzung war allerdings, daß sie sich im Besitz eines Ausreisevisums befanden bzw. den Nachweis erbrachten, sich um ein Visum zu bemühen. In der Folgezeit konzentrierte sich alles auf eine Flucht ins Ausland.  Die totale Isolation und der Gipfel der vielen Verordnungen, Anordnungen und Gesetze war die Einführung des "Judensterns" am 19. September 1941.  

In den ersten Jahren der NS-Herrschaft zielte die Praxis der von der SS geleiteten Polizei auf eine Aus­wanderung der deutschen Juden ab. Man konnte an der Zahl der Emigranten die damalige Politik der Nationalsozialisten ablesen. Nach den ersten Verfolgungen 1933 folgte ein Nachlassen des Terrors, der sich auch in den Auswanderungszahlen widerspiegelt.  Ein großer Teil der Juden versuchte allerdings durch Binnenwanderung innerhalb des Reiches, sich dem Terror zu entziehen. So wanderten viele aus kleinen ländlichen Gemeinden in größere Orte oder Großstädte, da sie dort anonymer zu sein glaubten.  Die Emigranten bevorzugten 1933 vor allem die Nachbarländer, wie Frankreich, Holland, Polen, Belgien, England, Tschechoslowakei, Schweiz und Skandinavien. Dieses hing wahrscheinlich mit der Hoffnung zusammen, eines Tages nach Deutschland zurückzukehren. Später verstärkte sich die Emigration in überseeische Länder, wie USA, Argentinien, Brasilien, Uruguay, Kolumbien, Chile, Südafrika und Australien. 

Obgleich Hitler die Auswanderung grundsätzlich befürwortete, standen die Juden vor fast unüberwindlichen Schwierigkeiten. Die Emigration sollte die Nationalso­zialisten nichts kosten, im Gegenteil, sie wollten auch daran verdienen. Die Auswanderung kam einer Enteignung gleich. Dieses hatte zur Folge, daß im allgemeinen nur die reichen Juden eine Chance hatten, auszuwandern.  " Ein Jude, der also eine Million Mark Vermögen hatte und auswandern wollte, verlor erst einmal 800.000 Mark durch die Reichsfluchtsteuer, es blieben ihm 200.000 Mark fürs Sperrmarkguthaben. Dann verlor er durch die Abschläge noch einmal 170.000 Mark. Es blieben ihm 30.000 Mark."  Später überließen ihnen die Nationalsozialisten nur noch 4 - 6 %, so daß es selbst für die reichen Juden fast unmöglich war, sich im Ausland eine Existenz aufzubauen.  Bereits 1937 hatte sich folgende behördliche Praxis herausgebildet: Das Vermögen auswandernder Juden wurde beschlag­nahmt, und ihnen wurde nur gestattet, einen Betrag von 10 Reichsmark pro Kopf auszuführen.

­Von den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde Elmshorn hatte der größte Teil sein Leben durch Auswanderung retten können. Dem verbliebenen Rest drohte die Deportation und die Vernichtung. 

Es bleibt aber die Frage: Warum haben die Juden buch­stäblich bis zur letzten Sekunde mit ihrer Auswanderung gewartet? Sie hatten doch schon früher sehen müssen, daß sie keine Zukunft mehr in Deutschland haben würden.  Die Gründe liegen vor allem in der Verwurzelung mit der alten Heimat Deutschland, für die sie auch in den Krie­gen des 19. Jahrhunderts und im I. Weltkrieg gekämpft hatten. So nahmen am Weltkrieg 32 Elmshorner Juden teil, von denen sechs fielen und vier besondere Aus­zeichnungen erhielten. Die jüdischen Mitbürger konnten sich bei aller Bedrohung und Schikanierung nicht aus­malen, was sie noch zu erwarten hatten. Hinzu kamen die Unsicherheiten, die mit einer Auswanderung zusammenhin­gen. Was sollten sie in Ländern, deren Sprache und Kultur ihnen fremd war? Waren sie nicht schon viel zu alt für einen Neuanfang im Ausland? Sie mußten ja noch einmal ganz von vorn anfangen, da sie aus Deutschland nur 10 RM und ihren Hausrat mitnehmen durften. Eine weitere Schwierigkeit lag darin, daß viele Länder ihre Grenzen für Juden entweder sperrten oder nur verhält­nismäßig geringe Quoten zuließen, da die Juden kein Vermögen und zumeist auch die falschen Berufe erlernt hatten. Dadurch würde die Fürsorge und der Arbeitsmarkt im Einwanderungsland zu sehr belastet werden. Die deutschen Juden hatten nach ihrer Emanzipation vor allem akademische und kaufmännische Berufe ergriffen. Es gab nur wenige Landwirte und Handwerker unter ihnen. So zogen es viele jüdische Mitbürger vor, trotz aller Bedrängnis, lieber in Deutschland zu bleiben. 

Mit der Eroberung der polnischen Gebiete und dem Ein­marsch in Rußland (22.6.1941) begannen die Deportationen. Durch die zwangsweise Umsiedelung sollten die Juden in abgegrenzte Sperrbezirke (Ghettos) gebracht werden. Aber die Ghettos waren nur eine Zwischensta­tion. Sie wurden nach und nach aufgelöst, die Bewohner entweder in abgelegenen Gegenden von "Sonderkommandos" ermordet oder in Konzentrationslager oder Vernichtungs­lager wie Auschwitz-Birkenau überführt.  1940 lebten in Elmshorn noch acht "Volljuden". Zwei von ihnen haben überlebt, zwei Schicksale sind unbekannt, einer, Albert Hirsch, beging Selbstmord, und drei wurden deportiert. Die Deportationen und Konzentrationslager haben mit zwei Ausnahmen keine deportierten Elmshorner Juden überlebt. 

In der Beratung der Beigeordneten der Stadt Elmshorn am 12. Dezember 1938 wurde beschlossen, der Polizei den Auftrag zu geben, mit der jüdischen Gemeinde zu verhandeln, was sie mit der "bei der Volksempörung vernichte­ten Synagoge" zu tun gedenke.  Am 17. März 1939 ver­kaufte John Meyer der Stadt das Synagogengrundstück. Während der Kriegs­zeit wurde dann die ehemalige Synagoge als Luftschutz­bunker verwendet und nach dem Kriege abgerissen. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Gedenkplatz. 

Im Frühjahr 1941 war die Zahl der jüdischen Gemeinde­mitglieder so klein geworden, daß der in Hamburg wohnende Heinrich Israel Basch von der "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" zum Vorstand ernannt wurde. Dieser beantragte am 13. März 1941 die Auflösung der Gemeinde. Am 3. April wurde ihm dieses gestattet.  Mit dem Nationalsozialismus wurde in Elmshorn eine Gemeinde vernichtet, die seit 1685, also runde 260 Jahre existierte und zum großen Teil das Bild der Stadt prägte. Nach dem Krieg ist keiner der überlebenden Juden nach Elmshorn zurückgezogen. In Elmshorn erinnern an diese Gemeinde nur noch der Friedhof mit seiner rest­aurierten und am 24. 5. 1985 neu eröffneten Kapelle und der Gedenkplatz auf dem ehemaligen Synagogengrund­stück am Flamweg.